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Alpine Gebüsche

Verlässt man während eines langen Aufstiegs aus dem Tal das Gebiet des Bergwaldes und die Bäume geben die Aussicht frei, hat man die Vegetationsstufe der alpinen Gebüsche erreicht. Sie charakterisieren die Waldgrenze und Kampfwald- und Krummholzstufe. Sie bilden den Übergang zur alpinen, baumlosen Stufe. Intakte Gebüsche und Zwergstrauchheiden sind der am höchsten reichende, natürliche Erosionsschutz in den Steillagen der Alpen. Weiter oben ist die Vegetationsdecke nur noch lückenhaft ausgebildet und schränkt die Erosion nicht mehr in gleichem Maße ein.

Die am weitesten verbreiteten alpinen Gebüsche sind das Latschengebüsch und das Grünerlengebüsch. Zusätzlich findet man an unterschiedlichen Standorten Fichten-Ebereschengebüsch sowie Gebüsche aus Weiden (Auenweiden-, Schluchtweiden- und Knieweidengebüsch).
Die Gebüsche sind niedrigwachsend. Sie werden im allgemeinen nicht höher als 3 m, bleiben aber häufig kleiner und sind im Winter von Schnee bedeckt. Dadurch sind sie dem scharfen Frost weniger stark ausgesetzt als höherwüchsige Bäume und Sträucher und können auch in höheren Lagen überleben.

Latschengebüsche

Latschengebüsche wachsen auf trockenen, nährstoffarmen und eher kalkreichen Böden. Die Legföhre (Latsche) wird begleitet von Rauhblättriger Alpenrose, Zwergmispel, Gestreiftem Seidelbast, Schneeheide, Zwergwacholder, Preiselbeere, Heidelbeere, Rauschbeere, Blaugras, Alpenlattich, Wiesenwachtelweizen und Silberwurz. Latschengebüsche sind Überlebenskünstler. Sie stellen nur geringe Ansprüche an Boden und Klima, brauchen aber viel Licht. Sie wachsen, ähnlich wie Arven, sehr langsam. Erst nach 300 Jahren hat der Stamm einer Legföhre einen Durchmesser von 6 – 7 cm.

Grünerlengebüsche

Grünerlengebüsche wachsen auf etwas feuchteren und nährstoffreichen, eher kalkarmen Böden, vor allem an schattigen Hängen (10° bis 40° steil) und häufig in Mulden. Neben der Grünerle findet man Grauen Alpendost, Rundblättriger Steinbrech, Alpenmilchlattich, Alpenfrauenfarn, Behaarten Kälberkropf, Bergampfer, Fuchskreuzkraut, Meisterwurz, Waldstorchschnabel und Zweiblütiges Veilchen. Die Grünerle ist unempfindlich gegen hangabwärts wandernden Schnee und wird von Tieren nur ungern gefressen.

Zwergstrauchheiden

Die Zwergstrauchheiden werden von sehr niedrig wachsenden Gehölzen gebildet, die zunächst Arven-Lärchenwälder und Latschengebüsche begleiten, sie aber mit zunehmender Höhe hinter sich lassen. Damit leiten sie die Zwergstrauch- und Grasheidenstufe ein, die im oberen Bereich mit den Gebirgsrasen in die Stufe der polster- und teppichbildenden Pflanzen übergeht.
Die wichtigsten Arten der Zwergstrauchheiden sind Rostblättrige Alpenrose, Krähenbeere, Rauschbeere, Heidelbeere, Preiselbeere, Moorheidelbeere, Gemsheide, Zwergwacholder und Heidekraut. Begleitet werden diese Kleinsträucher von WaldsimseWolligem Reitgras, Alpenlattich, Alpengoldrute, Moosen und Flechten.

Die Vegetation dieser oberen Höhenstufen ist meist nicht gleichmäßig und großflächig, sondern mosaikartig und abwechslungsreich. Erosionsrinnen, Lawinen, Felsen, Schutt, rinnendes Wasser und quellige Hangbereiche durchsetzen die Gebüsche und Zwergstrauchheiden. Hinzu kommen weitere kleinräumige Unterschiede durch verschiedene Bodenbedingungen sowie die unterschiedliche Ausrichtung und Steilheit der Hänge.

Da die Standorte von Gebüschen, Zwergstrauchheiden, HochstaudenflurenGebirgsrasen sowie Almwiesen und -weiden oberhalb der Baumgrenze stark miteinander vernetzt sind, ist es kaum möglich, spezielle Lebensräume einzelner Tierarten abzugrenzen. Die verschiedenen Biotope sind durch die mosaikartige Verteilung in ihrer Gesamtheit von hoher Bedeutung für die Tierwelt.

Schmetterlinge

Die höheren Gebirgslagen zählen zu den letzten Schmetterlingsparadiesen Europas. Obwohl die Lebensbedingungen harsch und unwirtlich sind, ist die Vielfalt an Schmetterlingsarten groß. In den alpinen Gebüschen und Zwergstrauchheiden sowie den Hochgebirgswiesen und Staudenfluren finden sich viele Tag- und Nachtfalterarten. Die Larven des Hochalpen-Apollo sind auf den Fetthennen-Steinbrech angewiesen, eine Pflanze, die entlang kleiner Hochgebirgsbäche wächst.

Typische Tagfalter: Alpengelbling, Alpen-Perlmutterfalter, Alpen-Scheckenfalter, Alpenweißling, Andromeda-Dickkopffalter, Bergmohrenfalter, Braunscheckauge, Gelbfleckiger Mohrenfalter, Graubrauner Mohrenfalter, Heller Alpenbläuling, Heufalter, Hochalpen-Apollo, Hochalpen-Perlmutterfalter, Hochgebirgswidderchen, Hochmoorgelbling, Langsporn-Veilchenfalter, Violetter Silberfleckbläuling
Typische Nachtfalter: Alpenringelspinner, Alpenwollspinner, Alpen-Wurzelbohrer, Blutströpfchen, Gelbes Alpen-Flechtenbärchen, Grauer Fleckenbär

Ausgesprochen artenreich ist auch die Gruppe der Zweiflügler, also der Fliegen und Mücken. Viele Vertreter der Schwebfliegen, Erdschnaken, Trauermücken, Haarmücken und Tanzfliegen sind hier anzutreffen. Unter den Hautflüglern sind es vor allem mehrere Hummelarten, die besonders gut mit den Bedingungen der Hochgebirge zurechtkommen. Aber auch Sandbienen, Weg- und Schlupfwespen leben hier. Typische Heuschreckenarten sind Sibirische Keulenschrecke und Gewöhnliche Gebirgsschrecke.

Vögel

Für einige Vögel sind Bergwiesen, Hochstaudenfluren, Zwergstrauchheiden und Gebüsche ein wichtiger Lebensraum zur Nahrungssuche. Diese Vogelarten bevorzugen zur Brut versteckreiche Fels- und Blockschuttzonen sowie Einzelbäume und WaldränderAlpenschneehuhn, Steinhuhn, Schneefink, AlpendohleKolkrabe, Alpenbraunelle und Wasserpieper sind Vogelarten, die das ganze Jahr über im Gebirge bleiben. Wasserpieper und Rotschwanz (der statt Hausrotschwanz eigentlich Felsrotschwanz heißen müsste, da er ursprünglich in Felsen zu Hause ist) verbringen den Winter in wärmeren Gegenden.
Vögel der Bergwälder kommen gerne zur Nahrungssuche und zeitweise zur Balz auf die Bergwiesen. Dies sind zum Beispiel Mistel- und Ringdrossel, Auer- und Birkhuhn, Birkenzeisig, Zitronengirlitz und Tannenhäher.

Säugetiere

Murmeltiere, Schneehasen, Schneehühner und Schneemaus bewohnen Bergwiesen, Hochstaudenfluren und Zwergstrauchheiden. Sie werden hier vom Steinadler gejagt, der auch junge Schaflämmer nicht verschmäht.
Die Schneemaus ist ein ausgesprochener Hochgebirgsspezialist. Sie kann die höchsten Alpengipfel besiedeln und lebt häufig nahe der klimatischen Schneegrenze. Sie hält keinen Winterschlaf, sondern gräbt sich auf der Nahrungssuche unter dem Schnee von Pflanze zu Pflanze weiter.
Murmeltiere leben sehr gesellig in kleinen Kolonien und graben Gänge und tiefe Höhlen unter geeigneten Bergwiesen. Ihre lauten Pfiffe sind weit zu hören. Oft kann man sie beobachten, wie sie über Bergwiesen sausen oder sich aufsetzen, um Eindringlinge zu beobachten, bevor sie in ihren Gängen verschwinden.
Schneehasen haben im Sommer ein graubraunes, im Winter ein weißes Fell. Sie leben in den Krummholzgürteln und ziehen sich im Winter in die Bergwälder zurück. Dort lassen sie sich einschneien und kommen erst wieder zum Vorschein, wenn die Schneedecke stabil genug ist, um sie zu tragen. Bis dahin scharren sie sich ihre Nahrung unter dem Schnee frei.
Der Fuchs kommt zur Beutesuche in die Bergwälder und Hochgebirgsregionen. Andere größere Jäger (Luchs, Wildkatze, Bär, Wolf) leben nur noch sehr vereinzelt in den Alpen. In den Karpaten kommen sie noch flächendeckend vor.
Gemsen bewegen sich zwischen Bergwald und Felsregionen. Bergwiesen bilden für sie eine wichtige Nahrungsgrundlage. Dies gilt auch für Steinböcke, die vor allem oberhalb der Baumgrenze leben.

Amphibien, Reptilien

Einige Amphibien- und Reptilienarten sind Bewohner der Regionen oberhalb der Baumgrenze. Ist man bei regnerischem Wetter unterwegs, läuft man leicht Gefahr, auf einen Alpensalamander zu treten. Diese völlig schwarzen Lurche werden auch als „Regenmandl“ oder „Wegmandl“ bezeichnet. Alpensalamander haben sich an die harschen Hochgebirgsbedingungen angepasst, indem sie keine Eier legen, sondern zwei bis vier voll entwickelte Junge zur Welt bringen. Dies ist unter den europäischen Amphibien einmalig. Außer dem Alpensalamander finden sich auch Berg- und Kammmolch in den Bereichen oberhalb der Baumgrenze. Sie sind jedoch an das Vorkommen kleiner Tümpel und Wasserstellen angewiesen.
Die Berg- oder Waldeidechse zieht feucht-kühle Lebensräume vor und ist bis auf 3.000 m Höhe zu finden. Auch sie bringt voll entwickelte Junge zur Welt. Kreuzotter, Aspisviper und Sandviper finden sich in den hochalpinen Bereichen, wobei die letzten beiden Arten recht wärmeliebend sind und nur in den Südalpen vorkommen. Kreuzottern sind in höheren Berglagen oft ganz schwarz und werden Teufelsottern genannt.

Wandern, Mountainbiking

Zahlreiche Wanderwege durchziehen die Vegetationsstufen der Zwergstrauchheiden und Gebüsche. In diesen Höhenlagen können häufig begangene bzw. mit Mountainbikes befahrene Wege und Steige stark erodieren. Besonders im direkten Umfeld von Hütten, Jausenstationen und Seilbahnen werden die Pfade mit jedem starken Regenfall mehr und mehr zu Erosionsrinnen, durch die nicht nur viel Bodenmaterial zu Tal geschwemmt wird, sondern auch die Wurzeln der Sträucher unterspült und weggerissen werden. Verschärft wird dieses Problem durch Wandernde und Mountainbiker*innen, die an steileren Pfaden die Wege abkürzen und damit weitere, oft noch steilere Erosionsrinnen schaffen. Diese Erosionsrinnen unterstützen großflächige Abschwemmungen, die im schlimmsten Falle ganze Bergflanken betreffen können. Um größere Schäden zu vermeiden, müssen stark genutzte Wanderwege regelmäßig gepflegt und gesichert werden.

Betroffene Tierarten