Naturparke
Naturparke (NRP) sind gemäß § 27 Abs. 1 BNatSchG "einheitlich zu entwickelnde und zu pflegende Gebiete, die
- großräumig sind,
- überwiegend Landschaftsschutzgebiete oder Naturschutzgebiete sind,
- sich wegen ihrer landschaftlichen Voraussetzungen für die Erholung besonders eignen und in denen ein nachhaltiger Tourismus angestrebt wird,
- nach den Erfordernissen der Raumordnung für die Erholung vorgesehen sind,
- der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung einer durch vielfältige Nutzung geprägten Landschaft und ihrer Arten- und Biotopvielfalt dienen und in denen zu diesem Zweck eine dauerhaft umweltgerechte Landnutzung angestrebt wird,
- besonders dazu geeignet sind, eine nachhaltige Regionalentwicklung zu fördern.
Naturparke dienen sowohl dem Schutz und Erhalt der Kulturlandschaften mit ihrer Biotop- und Artenvielfalt - dies wird v. a. über Landschaftsschutzgebiete und Naturschutzgebiete gewährleistet - als auch der Erholung, dem natur- und umweltverträglichen Tourismus und einer dauerhaft natur- und umweltverträglichen Landnutzung sowie auch der Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es erste Aktivitäten für den flächenhaften Erhalt von Naturlandschaften. So wurden in der Lüneburger Heide 1906 erstmalig von einem Zusammenschluss von Privatleuten Flächen für Naturschutzzwecke erworben. Zusammen mit dem privaten "Verein Naturschutzpark e.V." (VNP), welcher 1909 gegründet und mit der Bewahrung schützenswerter Landschaften und Kulturdenkmäler beauftragt wurde (19), wurden weitere Flächen der Lüneburger Heide aufgekauft und der erste Naturschutzpark in Deutschland gegründet.
Dr. Alfred Toepfer, Vorsitzender des VNP, forderte 1956 die Gründung von 25 Naturschutzparken. Nach Toepfer sollen durch Naturschutzparke Landschaften nicht nur geschützt werden, sondern auch als "Oasen der Ruhe" dem Menschen zur Erholung zur Verfügung stehen. So wurde 1956 aus dem Naturschutzpark Lüneburger Heide der erste Naturpark Deutschlands. 1957 präsentierte der VNP eine Liste mit Gebietsvorschlägen für die von Toepfer geforderten Naturparke. Der Begriff "Naturpark" löste dabei endgültig die Bezeichnung "Naturschutzpark" ab (6).
Auf den Naturpark Lüneburger Heide folgten 1957 der Naturpark Hoher Vogelsang und 1958 die Parke Südeifel, Pfälzerwald und Siebengebirge. Im Jahre 1963 wurde der Verband Deutscher Naturparke (VDN) gegründet, welcher als Dachverband bis heute die einzelnen Naturparke verbindet und in ihrer Arbeit unterstützt. Toepfers Ziel von 25 Naturparken wurde bereits zwei Jahre später, 1965, erreicht. Bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990 stieg die Zahl der Naturparke in Westdeutschland auf 62 an.
Im September 1990 wurde in der DDR das sogenannte "Nationalparkprogramm" verabschiedet, wonach insgesamt 14 Großschutzgebiete, darunter drei Naturparke, ausgewiesen wurden. Diese Großschutzgebiete waren Bestandteil des deutsch-deutschen Einigungsvertrages und ergänzten nach der Wiedervereinigung das System der westdeutschen Großschutzgebiete. In den neuen Bundesländern wurden in den kommenden Jahren weitere Gebiete als Naturparke ausgewiesen. Schließlich wurde 1997 das Aufgabenspektrum der Naturparke neu und allgemeingültig definiert und durch den breiteren Handlungsrahmen der ostdeutschen Naturparke erweitert: Die Schwerpunkte Umweltbildung und nachhaltige Regionalentwicklung wurden dabei mit in den Aufgabenkatalog integriert.
2001 wurden zehn Leitpunkte für Naturparke formuliert und dem Aspekt "Schutz durch Nutzen" eine stärkere Bedeutung zugeschrieben. Bis auf den Punkt "Umweltbildung" wurden 2002 die nachfolgenden Handlungsfelder in den novellierten § 27 des BNatSchG festgeschrieben. In der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes von 2017 wurde dann die Aufgabe "Bildung für nachhaltige Entwicklung" ergänzt.
Das "Petersberger Programm" von 2006, in dem die Entwicklungsschwerpunkte der Naturparke neu festgelegt wurden, bildet zusammen mit den Aufgaben und Zielen der Naturparke (11) und der Qualitätsoffensive Naturparke" die Grundlage für die Arbeit in Naturparken sowie deren Weiterentwicklung in den kommenden Jahren.
Naturschutz und Landschaftspflege
Der Anteil an Naturschutz-, Landschaftsschutz- und NATURA 2000-Gebieten in Naturparken ist im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich hoch und entspricht dem Anspruch an Naturparken, als wichtige Akteure zum Arten- und Biotopschutz beizutragen. Durch verschiedene Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sollen die Naturräume erhalten und biologische Vielfalt gefördert werden. Außerdem sollen die Naturparke zu der Entwicklung eines Schutzgebietsnetzes beitragen und durch Biotopvernetzungsmaßnahmen einer zunehmenden Zerschneidung von Landschaft und Lebensräumen entgegenwirken. Die Aufgabe und besondere Verantwortung, die allen Schutzgebieten bei der Erhaltung der biologischen Vielfalt zukommt, wurde 2004 von der 7. Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention ausdrücklich betont. Ein Großteil der Naturparkflächen wird von Kulturlandschaften eingenommen, daher müssen die Bewirtschaftung der Flächen umweltverträglich gestaltet und historische Kulturlandschaftselemente geschützt werden.
Nachhaltige Regionalentwicklung
Aufgrund ihrer Zielsetzung, den Schutz und die Nutzung der Kulturlandschaften miteinander zu verbinden, sollen Naturparke verstärkt Funktionen im Rahmen einer integrierten nachhaltigen Entwicklung von Regionen wahrnehmen. Ziel ist es, die ländlichen Räume zu stärken und eine eigenständige Entwicklung dieser Gebiete zu fördern. Eine Nutzung der vorhandenen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen (z. B. besondere Landschaften, traditionelles Handwerk oder regionstypische Bräuche) sollen zur Identitätsstiftung beitragen und die Potenziale der Regionen ausnutzen, um diese als Ganzes aufzuwerten. Die Naturparke wirken dabei nicht nur als eigenständige Akteure, sondern auch als Verbindungsstelle für die verschiedenen Beteiligten. so kann z. B. durch die Entwicklung der Parke als eigenständige Marke nicht nur der Park an sich beworben werden, sondern auch zur Vermarktung von regionalen Produkten und für Kooperationen genutzt werden.
Erholung und nachhaltiger Tourismus
Es sollen umweltverträgliche Tourismus- und Naturerlebnisangebote entwickelt und in den ständigen Angebotskatalog der Naturparke mit aufgenommen werden. Ziel ist dabei, dass die Besucher unberührte Natur erleben können, ohne die sensiblen Lebensräume zu gefährden. Dies kann beispielsweise mit einem durchdachten Besucherlenkungskonzept erreicht werden. Eine Einbindung in überregionale Vermarktungskonzepte soll die Position und Wahrnehmung der Naturparke als Urlaubsgebiet auch über die Region hinaus fördern. Durch Kooperationen mit ansässigen Händlern, Gastonomie oder Übernachtungsanbietern soll der Tourismus auch im Sinne einer nachhaltigen Regionalentwicklung genutzt werden.
Umweltbildung und Kommunikation
Durch den gezielten Einsatz von Umweltbildungs- und Öffentlichkeitsmaßnahmen werden die Besucher eines Naturparks über die natürlichen und kulturellen Besonderheiten sowie die Bedeutung des Parks innerhalb der Region informiert. Durch Umweltbildung soll ein grundlegendes Interesse und Bewusstsein für verschiedenste Umweltthemen, wie vorkommende Tier- und Pflanzenarten oder ökologische Zusammenhänge, vermittelt werden. Probleme und Herausforderungen im Natur- und Klimaschutz können durch Schautafeln oder Informationsmaterial veranschaulicht dargestellt werden. Neben der Informations- und Aufklärungsarbeit sollen Besucher und Einwohner auch zur aktiven Beteiligung, z.B. durch ehrenamtliche Mitarbeit, an der Naturparkearbeit angeregt werden.
Nach wie vor besteht eine große Heterogenität unter den deutschen Naturparken: Das gesetzlich vorgegebene Ziel der Pflege und Entwicklung wird in den einzelnen Naturparken und Bundesländern sehr unterschiedlich verfolgt. Ursachen hierfür liegen u.a. in den von Trägern und Ländern geschaffenen strukturellen Rahmenbedingungen, an je nach Land unterschiedlichen Gesetzesvorgaben und Schwerpunktsetzungen in den Naturpark-Konzepten und Naturparksatzungen oder auch an den unterschiedlichen Ausrichtungen der Naturpark-Trägerorganisationen. Teilweise sind die Naturparkverwaltungen Bestandteil der Landesumweltverwaltung, teilweise haben Vereine und Zweckverbände die Naturparkträgerschaft übernommen. In einigen Bundesländern ist die Erstellung von Naturparkplänen vorgeschrieben. Eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung möglichst eigenständiger Verwaltungen sollte ebenso gewährleistet werden wie die Erstellung regelmäßig fortzuschreibender Naturparkpläne (3). Für die Aufstellung und Fortschreibung von Naturparkplänen wurde über ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben "Optimierte Umsetzung von Naturparkplänen", das vom Bundesamt für Naturschutz initiiert und mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert wurde, ein Leitfaden für die Praxis erstellt (10).
Materialien und weitere Informationen
Materialien wie Karten, Tabellen und pdf-Dokumente zum Downloaden sowie weitere Informationen zu Themen wie Anzahl, Flächenanteil, Flächengrößen und Entwicklung der Naturparke finden Sie hier.
Hier finden Sie außerdem eine interaktive Karte über Naturparke in Deutschland.
(1) Europarc Deutschland e.V. (Hrsg.) (2011). Mensch und Natur gehören zusammen. - Berlin, 63 S.
(2) Forst, R. (2010). Die Qualitätsoffensive in den Nationalen Naturlandschaften. Naturparks - die Qualitätsoffensive wird fortgesetzt. - In: Europarc Deutschland e.V. (Hrsg.). - Fortschrittsbericht 2009/2010 Nationale Naturlandschaften. - Berlin: 45-48.
(3) Forst, R., & Scherfose, V. (2010). Entwicklungen und Perspektiven deutscher Naturparke. - Naturschutz und Biologische Vielfalt 104: 189-195.
(4) Forst, R., & Scherfose, V. (2016). Vorschläge für Mindest-Standards deutscher Naturparke. - Naturschutz und Biologische Vielfalt 155: 233 - 245.
(5) Forst, R., & Scherfose, V. (2016). Naturparkmanagement in Deutschland - Qualitätsoffensive Naturparke. - Naturschutz und Biologische Vielfalt 155, 245 S.
(6) Liesen, J., Köster, U., & Porzelt, M. (2008). 50 Jahre Naturparke in Deutschland - In: Naturschutz und Landschaftsplanung 40 (1): 26-32.
(7) Nationale Koordinierungsstelle Tourismus für alle e.V., & Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN) (Hrsg.) (2007). Naturparke für Alle - barrierefreies Naturerleben in Deutschland. - Düsseldorf, 102 S.
(8) Porzelt, M. (2012). Naturtourismus in Schutzgebieten am Beispiel der deutschen Naturparke - In: Rein, H. & Schuler A. (Hrsg.). - Tourismus im ländlichen Raum. - Springer Verlag, Wiesbaden: 171 - 189.
(9) Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN) (Hrsg.) (2005). Naturparke - Eine Perspektive für Ländliche Räume in Europa. - Bonn (VDN), 142 S.
(10) Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN) (Hrsg.) (2008). Optimierte Umsetzung von Naturparkplänen - Ein Leitfaden für die Praxis. - Bonn (VDN), 31 S.
(11) Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN) (Hrsg.) (2009). Naturparke in Deutschland - Aufgaben und Ziele. - Bonn (VDN), 32 S.
(12) Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN) (Hrsg.) (2010a). Naturparke in Deutschland - Starke Partner für biologische Vielfalt - Bonn (VDN), 51 S.
(13) Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN) (Hrsg.) (2010b). Qualitätsoffensive Naturparke. - Bonn (VDN), 96 S.
(14) Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN), & Europarc Deutschland e.V. (Hrsg.) (2011). Natur erleben - Der Erlebnisführer zu den Nationalen Naturlandschaften - Klartext-Verlag, Essen, 11 Bände.
(15) Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN) (Hrsg.) (2012). Naturparke stärken ländliche Räume. Potentiale für die EU-Förderperiode 2014-2020. - Bonn(VDN), 32 S.
(16) Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN) (Hrsg.) (2015). Qualitätsoffensive Naturparke - 3. Phase 2016 - 2020. - Bonn (VDN), 104 S.
(17) Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN) (Hrsg.) (2017a). Living Landscapes - Europe's Nature-, Regional- and Landscape Parks - model regions for the sustainable development of rural areas. - Bonn (VDN), 168 S.
(18) Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN) (Hrsg.) (2017b). Landschaften voller Leben - Ergebnisse des Projektes "Europe's Nature-, Regional- and Landscape Parks". - Bonn (VDN), 28. S.
(19) Weber, F. (2013). Naturparke als Manager einer nachhaltigen Regionalentwicklung: Probleme, Potentiale und Lösungsansätze. - Wiesbaden Springer VS, 337 S.